Curahuasi, 18.04.2020
Seit fast 5 Wochen befinden wir uns als Familie in häuslicher Quarantäne. Seit dem letzten Blogeintrag sind keine neuen Ausgangsbeschränkungen hinzugekommen. Im Gegenteil wurde die Regel, dass Männer und Frauen nur noch an bestimmten Wochentagen das Haus verlassen dürfen, wieder aufgehoben. Wir verlassen das Haus nach wie vor nur zum Einkaufen, was für freiheitsverwöhnte Menschen wie uns schon seine Herausfordeungen mit sich bringt. DAs Dorf ist wie ausgestorben, es sind wegen der Ausgangsbeschänkungen kaum Menschen unterwegs. Diese Woche wurden die ersten beiden Fälle von Corona hier in Curahuasi bestätigt. In Ganz Peru sind die Fallzahlen in der Letzten Woche um 88% auf über 12000 angestiegen. Das klingt erst einmal sehr viel. Schaut man sich die jedoch die Zahlen der insgesamt durchgeführten Tests an (die werden in Deutschland m.E. nicht veröffentlicht), ist das Verhältnis linear und nicht exponentiell. Das ist eine zufriedenstellende Entwicklung und zeigt, dass die Maßnahmen der Regierung Früchte tragen. Die Schulen sind natürlich nach wie vor geschlossen, der geplante Termin zur Öffnung am 4.5 wird sich wahrscheinlich leider nicht halten lassen. Im Krankenhaus herrscht gespannte Erwartung, in welchem Umfang und über welchen Zeitraum sich das Virus hier in Curahuasi verbreiten wird. Die Vorbereitungen dafür sind weitestgehend abgeschlossen. Leider kursieren hier wie auch im Rest der Welt ein Haufen Gerüchte. Einige davon harmlos, einige total absurd und andere wirklich gefährlich. Letztere durchaus in der Lage, Menschen in Sorge, Angst und Panik zu versetzen. Reaktionen, die nicht geneigt sind, das Beste im Menschen hervorzubringen - um es mal vorsichtig auszudrücken. Auch ohne diese Gerüchte haben die Menschen hier in unserem Dorf schon genug Sorgen. Curahuasi in in hohem Maße abhängig vom Krankenhaus Diospi Suyana. Diospi ist einer der größten Arbeitgeber des gesamten Bundesstaates. Auch viele andere Gewerbe wie das Transportgewerbe und das Hotel- und Gaststättengewerbe sind von den hunderten Menschen abhängig, die jeden Tag von außerhalb nach Curahausi zum Krankenhaus kommen um sich hier behandeln zu lassen. Auch alle Läden, die keine Lebesmittel verkaufen, sind geschlossen. Der große Markt jeden Sonntag, auf dem die Bergbauern ihre Erzeugnisse verkaufen, findet nicht mehr statt. Viele Menschen haben vor über einem Monat von einem Tag auf den anderen ihr Einkommen verloren. Viele Curahuasinos haben schon vorher kaum genug zum Überleben gehabt, ihre Lage wird nun mit jeder Verlängerung des Ausnahmezustandes prekärer. Staatliche Hilfsprogramme zur Sicherung der Grundversorgung erreichen leider viele Menschen nicht. Im Dorf werden deshalb von Freiwilligen Essensspenden gesammelt, die dann auf die umliegenden Gemeinden verteilt werden. Das alles sind aber nur Tropfen auf einem immer heißer werdenden Stein. Wir beten dafür, dass die Menschen bald wieder arbeiten dürfen, um ihr täglich Brot zu verdienen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass durch die wirtschaftlichen Auswirkungen des „Lockdown“ mehr Menschen ihr Leben oder ihre Gesundheit verlieren als durch das Virus und seine Folgeerkrankungen.
Jetzt hätten wir vor lauter Corona fast vergessen das wichtigste Ereignis der letzten Wochen zu erwähnen: Unsere Tochter Lina kann laufen.
Herzlichen Gruß aus Curahuasi, eure Rehders